Freitag, 30. Juli 2010
kalte Duschen
Ich weiß nicht warum, aber mir ist danach dieses Thema etwas genauer zu beschreiben. Viele die mich länger kennen dürften wissen, dass mein großer Bruder Suizid beging. Das war sehr hart für mich und manches Mal in aller Stille werfe ich die Frage in den menschenleeren Raum: Warum! Dieses zu ergründen ist so gut wie unmöglich, ich kann mich an ein paar Szenen erinnern die bestimmt dazu beigetragen haben.

So waren wir auch ganz normale Kinder die gerne draußen tobten, im Regen durch Pfützen stampften und einfach nur spielen wollten. All dies aber hat zur Folge, dass jene vorher doch so saubere Kleidung schmutzig wurde. Dieser Fehler durfte uns Kindern aber nicht passieren. Auch Kinder mussten dazu beitragen, dass die Eltern nicht so viel im Haushalt zu tun haben!

Solche Szenen waren aber noch harmlos! Schlimmer war es, wenn wir raus wollten zum Beispiel aber der Keller gefegt und aufgeräumt (indem Sachen von unserem Stiefvater lagerten) werden musste, danach im Garten die heruntergefallenen Äpfel eingesammelt, das Unkraut entfernt und der Rasen gemäht werden musste. Dabei begann mein Bruder immer zu rebellieren. Beide, mein Stiefvater sowie auch mein Bruder wurden dabei immer lauter bis es knallte, und es knallte häufig.

Ab und zu half dabei auch der grobe Ledergürtel, doch das war dem Gott (falls es ihn gibt) sei dank seltener, mein Bruder ertrug es nicht. Meistens gab es eine heftige Ohrfeige, die noch Stunden später zu spüren war. Als Bestrafung für "böswillige Zerstörung" gab es auch schon eiskalte Duschen. (Und ich weiß nicht was sonst noch alles da ich meist nicht dabei war).

Leider und zu meinem Übel, muss ich gestehen das ich häufig auch an den "böswilligen Zerstörungen" schuld war, sei es eine gerade erst saubere Tasse die sich in meinem Trockentuch verhakte oder ein Teller die natürlich scheppernd zu Boden fielen. Tausend Scherben waren zu sehen und ich wollte diese immer schön zusammenfegen, mein Stiefvater hielt mich immer davon ab. Mein Bruder aber hatte vorher schon das Geschirrtuch an sich genommen und mir ein stummes Zeichen gegeben das ich ruhig bleiben sollte.

Ich wusste genau, würde ich jetzt sagen, das ich es war, würde mir der Stiefvater keinen Glauben schenken, also blieb ich ruhig. Was sollte ich auch anderes machen? Ich wurde verschont während mein Bruder wieder einmal die Strafe auf sich nahm, wozu sollte ich mir noch zusätzlich eine Strafe einholen weil ich angeblich gelogen habe? Und als Mädel im 5. Schuljahr bleibt man zitternd stehen und sieht zu. Mit der Zeit hatte ich es raus, zu rebellieren und den Stiefvater so weit auf die Palme zu bringen, das er kurz vorm schlagen stand. Erst dann lenkte ich ein. Denn weiter gehen wollte ich nicht (ich war ein richtiger kleiner Feigling).

Mein Bruder hat diese schmale Grenze immer sofort überschritten und das ohne lange zu zögern. Er ließ ihn immer bis zum Äußersten gehen und ich bewundere noch heute seinen Mut! Denn es musste ihm gewaltige Kraft gekostet haben dies alles durchzustehen. Ob er daran zerbrochen ist?

Ob ich gerade schlauer war weil ich die Grenze nicht überschritt weiß ich nicht, aber ich glaube eher nicht, denn lange Zeit hatte ich Angst, etwas falsch zu machen, sei es im Beruf, daheim oder sonst irgendwo und teils ist es heute noch so.Sobald irgendwer, sei es auch nur wegen einer Kleinigkeit wütend auf mich ist, bekomme ich eine riesige Panik. Ich ziehe mich zurück und mache meist alles dadurch nur noch schlimmer.

Ich erinnere mich an eine Szene bei der ich wieder einmal die "Übeltäterin"war. Dieses Mal war mein lieber Bruder aber nicht zur Stelle also ergriff ich wie ein verschrecktes Kaninchen die Flucht. Im Nachbahrhaus, dem Haus meiner Großeltern wo diese mit meinen Onkeln lebten fühlte ich mich sicher. Er allerdings hatte von unserer Mutter das Recht mich nach Hause zu beordern und die Flucht hatte seine Wut auf mich vergrößert.

Ein heftiger Schlag sowie eine Woche Hausarrest waren Strafe für meine Übeltat und der Flucht. Seitdem versuchte ich den Schaden immer so klein wie möglich zu halten, ich fragte den Stiefvater immer was ich tun sollte und was nicht. Was dies alles so schlimm macht, ist nicht die Tatsache dass wir geschlagen wurden, sondern viel mehr das stumme zulassen der Mutter, die einfach nur wegsah. Sie war die einzige Person, die in der Lage gewesen wäre dem ganzen ein "P" vorzusetzten. Und einmal tat sie es dann. Seither wurden wir nicht mehr geschlagen, doch wünschten wir uns später öfters mal die Schläge zurück.

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