Freitag, 30. Juli 2010
Unschönes
sdodip, 11:04h
Ein trauriger Anlass so kurz vor Weihnachten.
Manch alte Frau hat es schwer im Leben, doch der Tot gibt ihr die unendliche Erlösung all ihrer Qualen. Aber sie hinterlässt der Welt auch eine Erinnerung, und diese Erinnerung hat viele verschiedene Seiten.
Sie ist nicht in Frieden eingeschlafen, wie sie es sich erträumt hätte, nein, im Krankenhaus beim Abschied sagte sie noch zu uns, sie freue sich auf das Zuhause, endlich nach sechs langen Monaten die heimische Luft riechen und nicht den Gestank der Medikamente.
Doch das Ende nahte schon. Wir waren kaum daheim angekommen, da klingelte das Telefon. Ängstlich starrten wir den Hörer an und warteten auf die Stimme des Anrufers. Der Pflegedienst erteilte uns eine Absage. Ganz plötzlich haben die es sich anders überlegt, sie könnten die Verantwortung nicht tragen. Das bedeutet aber, daß sie noch länger dort im Krankenhaus zu verweilen hat. Mindestens noch drei bis vier Monaten.
Der Wunsch nach Hause immer größer werdend verstirbt sie noch in der selben Nacht. Den Anruf erhielten wir so gegen Mitternacht. Schon ahnend, was war.
Zum ersten Mal sah ich, wie auch die, die ich für stärker hielt, zusammenbrachen. Der eine setzte sich in die Ecke und weinte still in sich hinein, der andere nahm schweren Herzens das Telefon und der ganz andere saß nur da und starrte die Wand an, als könne die alles erklären. Die Frage nach dem "warum jetzt" stellte sich hierbei wohl jeder.
Die Nachbarin fuhr sie alle zum Krankenhaus, auch der Hund musste mit, denn er hatte sie auch geliebt. Wollte sie doch immer den Frieden wieder herstellen. Doch mit ihren Kräften stand es ja nicht mehr so gut.
Wir wussten alle schon vorher, daß es nicht mehr lange dauern würde. Es war auch Weihnachtszeit. War es nicht ihr Wunsch, nach Hause zu kommen? So ist sie es nun. Zuhause, erlöst von den Qualen, die ihr die Zeit auferlegt hatte.
Ihre Haut soll noch warm gewesen sein, als sie im Krankenzimmer eintrafen. Eingeschlafen ist sie und die Geräte piepsten vor sich hin.
Die Ärzte und Schwestern sprechen kurz ihr Beileid aus und verschwinden schnell wieder, schließlich warten Patienten auf ihre Pflege.
Aber eine Person ließ sich nicht blicken. Schon die ganze Zeit über nicht. Ich glaube, in den gesamten Monaten war diese eine nur einmal bei der alten Frau und ist mit ihr im Streit auseinandergegangen, aber sicher kann ich es jetzt nicht sagen. So habe ich es gehört. Dabei wusste diese Person genau, wie wichtig es für die alte Frau gewesen wäre.
Auch diesmal also fehlte sie.
Es dauerte sehr lange bis die Nachbarin uns alle wieder heimwärts fuhr. Am frühen Morgen entschlossen sich alle, daß der Tag blau gemacht wird. Jeder würde das verstehen.
Der Bestatter erschien auch schon sehr früh und veranlasste die Überführung vom Krankenhaus in die Leichenhalle. Die Frage nach der Zeitungsannonce war sehr schwer. Sollte diese doch an die lange Krankheit und die schwere Zeit erinnern.
Blumen waren schnell ausgesucht und der Rest erledigte sich fast wie von selbst. Traurig schauten wir uns alle an und der Hund suchte verzweifelt alle Zimmer ab. Trostlos setzte sich der Tag fort. Fast stündlich trafen Beileidsbekundungen ein und alle wollten uns die Hand geben.
So vergingen die nächsten zwei Tage bis zur Beerdigung. Ich blieb daheim. Saß mir die meines Bruders zu sehr noch in den Knochen, alle verstanden mich. Der Sarg war schließlich noch offen.
Da, mitten in der Predigt des Priesters, der von der Erlösung sprach, soll diese eine in der Kirche erschienen sein. Hätte sich einfach dazugesetzt und so getan, als sei die Welt in bester Ordnung. Was die wohl jetzt hier wollte? Um Verzeihung bitten?
Die Nachbarn waren noch zum Kaffee und Butterkuchen eingeladen, es ist so üblich bei solchen Anlässen. Auch sie kam mit. Die, die wir nicht dabei haben wollten, aber wir begnügten uns damit, sie hat ja eigentlich ein Recht darauf.
Nachdem die Nachbarn gegangen waren, blieb sie noch für eine Weile. Ein Termin zum sichten des Nachlasses wurde auf drängen von Opa schnell angesetzt.
Ein kleiner Streit brach an dem Tag des Termins aus, doch wir wollten alle nur Ruhe und machten daher Kompromisse. Sie schien nicht zu merken, daß wir immer noch in Trauer waren. Auch als sie ging, merkte sie es nicht.
Heute ist es schon fast zwei Jahre her und diese Person hat sich seitdem noch nicht wieder hier gemeldet. Auch wenn sie auf dem Friedhof vorbeischaut, widmet sie dem Grab der alten Frau keine Beachtung. Wir pflegen es und halten es sauber. Sie liebte frische Blumen uns so erhält sie diese auch.
Doch den von ihr gewünschten Frieden haben wir bis heute nicht erreicht.
Was ich noch vergessen hatte zu erzählen, als ich in der zweiten Kur war starb mein damals neugewonnener großer Bruder an Leukämie, das war für mich auch ein Schock und da ich nervlich so weit unten wahr traute ich mich nicht mehr, mich bei diesen mir liebgewonnenen Menschen zu melden, der Kontakt brach also ab.
Die Freude über meinen gewonnen Vater wird aber durch zwei Verluste stark getrübt. Zum einen habe ich einen mir guten Freund verloren und zum anderen nun auch meine Liebgewonnene "Pflegemutter"Ich habe das Wort mit Absicht in Gänsefüßchen geschrieben weil sie ja nicht richtig Pflegemutter war aber für mich war sie es auf eine Art.
Der Kontakt brach zwar ab, aber ich habe immer wieder an die Liebe Familie gedacht die mich so lieb aufnahm und mir half als es mir ganz schlecht ging. Und dann habe ich mir den Mut zusammengesammelt und dort angerufen, und erfahre das sie auch verstorben ist. Das trifft mich sehr hart, es ist wieder ein weiterer Verlust und ich frage mich natürlich ob das nicht irgendwann mal ein Ende finden kann, muss ich noch mehr verlieren? Und das immer nur die, die ich gern habe?
Das mit dem Verlust ist noch immer nicht durchestanden, doch mittlerweile kann ich ganz anders mit den Dingen umgehen.
Manch alte Frau hat es schwer im Leben, doch der Tot gibt ihr die unendliche Erlösung all ihrer Qualen. Aber sie hinterlässt der Welt auch eine Erinnerung, und diese Erinnerung hat viele verschiedene Seiten.
Sie ist nicht in Frieden eingeschlafen, wie sie es sich erträumt hätte, nein, im Krankenhaus beim Abschied sagte sie noch zu uns, sie freue sich auf das Zuhause, endlich nach sechs langen Monaten die heimische Luft riechen und nicht den Gestank der Medikamente.
Doch das Ende nahte schon. Wir waren kaum daheim angekommen, da klingelte das Telefon. Ängstlich starrten wir den Hörer an und warteten auf die Stimme des Anrufers. Der Pflegedienst erteilte uns eine Absage. Ganz plötzlich haben die es sich anders überlegt, sie könnten die Verantwortung nicht tragen. Das bedeutet aber, daß sie noch länger dort im Krankenhaus zu verweilen hat. Mindestens noch drei bis vier Monaten.
Der Wunsch nach Hause immer größer werdend verstirbt sie noch in der selben Nacht. Den Anruf erhielten wir so gegen Mitternacht. Schon ahnend, was war.
Zum ersten Mal sah ich, wie auch die, die ich für stärker hielt, zusammenbrachen. Der eine setzte sich in die Ecke und weinte still in sich hinein, der andere nahm schweren Herzens das Telefon und der ganz andere saß nur da und starrte die Wand an, als könne die alles erklären. Die Frage nach dem "warum jetzt" stellte sich hierbei wohl jeder.
Die Nachbarin fuhr sie alle zum Krankenhaus, auch der Hund musste mit, denn er hatte sie auch geliebt. Wollte sie doch immer den Frieden wieder herstellen. Doch mit ihren Kräften stand es ja nicht mehr so gut.
Wir wussten alle schon vorher, daß es nicht mehr lange dauern würde. Es war auch Weihnachtszeit. War es nicht ihr Wunsch, nach Hause zu kommen? So ist sie es nun. Zuhause, erlöst von den Qualen, die ihr die Zeit auferlegt hatte.
Ihre Haut soll noch warm gewesen sein, als sie im Krankenzimmer eintrafen. Eingeschlafen ist sie und die Geräte piepsten vor sich hin.
Die Ärzte und Schwestern sprechen kurz ihr Beileid aus und verschwinden schnell wieder, schließlich warten Patienten auf ihre Pflege.
Aber eine Person ließ sich nicht blicken. Schon die ganze Zeit über nicht. Ich glaube, in den gesamten Monaten war diese eine nur einmal bei der alten Frau und ist mit ihr im Streit auseinandergegangen, aber sicher kann ich es jetzt nicht sagen. So habe ich es gehört. Dabei wusste diese Person genau, wie wichtig es für die alte Frau gewesen wäre.
Auch diesmal also fehlte sie.
Es dauerte sehr lange bis die Nachbarin uns alle wieder heimwärts fuhr. Am frühen Morgen entschlossen sich alle, daß der Tag blau gemacht wird. Jeder würde das verstehen.
Der Bestatter erschien auch schon sehr früh und veranlasste die Überführung vom Krankenhaus in die Leichenhalle. Die Frage nach der Zeitungsannonce war sehr schwer. Sollte diese doch an die lange Krankheit und die schwere Zeit erinnern.
Blumen waren schnell ausgesucht und der Rest erledigte sich fast wie von selbst. Traurig schauten wir uns alle an und der Hund suchte verzweifelt alle Zimmer ab. Trostlos setzte sich der Tag fort. Fast stündlich trafen Beileidsbekundungen ein und alle wollten uns die Hand geben.
So vergingen die nächsten zwei Tage bis zur Beerdigung. Ich blieb daheim. Saß mir die meines Bruders zu sehr noch in den Knochen, alle verstanden mich. Der Sarg war schließlich noch offen.
Da, mitten in der Predigt des Priesters, der von der Erlösung sprach, soll diese eine in der Kirche erschienen sein. Hätte sich einfach dazugesetzt und so getan, als sei die Welt in bester Ordnung. Was die wohl jetzt hier wollte? Um Verzeihung bitten?
Die Nachbarn waren noch zum Kaffee und Butterkuchen eingeladen, es ist so üblich bei solchen Anlässen. Auch sie kam mit. Die, die wir nicht dabei haben wollten, aber wir begnügten uns damit, sie hat ja eigentlich ein Recht darauf.
Nachdem die Nachbarn gegangen waren, blieb sie noch für eine Weile. Ein Termin zum sichten des Nachlasses wurde auf drängen von Opa schnell angesetzt.
Ein kleiner Streit brach an dem Tag des Termins aus, doch wir wollten alle nur Ruhe und machten daher Kompromisse. Sie schien nicht zu merken, daß wir immer noch in Trauer waren. Auch als sie ging, merkte sie es nicht.
Heute ist es schon fast zwei Jahre her und diese Person hat sich seitdem noch nicht wieder hier gemeldet. Auch wenn sie auf dem Friedhof vorbeischaut, widmet sie dem Grab der alten Frau keine Beachtung. Wir pflegen es und halten es sauber. Sie liebte frische Blumen uns so erhält sie diese auch.
Doch den von ihr gewünschten Frieden haben wir bis heute nicht erreicht.
Was ich noch vergessen hatte zu erzählen, als ich in der zweiten Kur war starb mein damals neugewonnener großer Bruder an Leukämie, das war für mich auch ein Schock und da ich nervlich so weit unten wahr traute ich mich nicht mehr, mich bei diesen mir liebgewonnenen Menschen zu melden, der Kontakt brach also ab.
Die Freude über meinen gewonnen Vater wird aber durch zwei Verluste stark getrübt. Zum einen habe ich einen mir guten Freund verloren und zum anderen nun auch meine Liebgewonnene "Pflegemutter"Ich habe das Wort mit Absicht in Gänsefüßchen geschrieben weil sie ja nicht richtig Pflegemutter war aber für mich war sie es auf eine Art.
Der Kontakt brach zwar ab, aber ich habe immer wieder an die Liebe Familie gedacht die mich so lieb aufnahm und mir half als es mir ganz schlecht ging. Und dann habe ich mir den Mut zusammengesammelt und dort angerufen, und erfahre das sie auch verstorben ist. Das trifft mich sehr hart, es ist wieder ein weiterer Verlust und ich frage mich natürlich ob das nicht irgendwann mal ein Ende finden kann, muss ich noch mehr verlieren? Und das immer nur die, die ich gern habe?
Das mit dem Verlust ist noch immer nicht durchestanden, doch mittlerweile kann ich ganz anders mit den Dingen umgehen.
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