Freitag, 30. Juli 2010
Ein Brief
Ein Brief an meinem Bruder, ein paar Jahre nach seinem Tod:

Hallo du,

Manchmal frage ich mich wie es dir jetzt wohl geht, dann möchte ich dir erzählen was ich alles erlebt habe. Du weißt warum ich das Musical Elisabeth so gerne mag.

Manchmal frage ich warum...

Es gibt verschiedene Antworten doch nur du kennst die richtige.

Du hast auch noch an mich gedacht.

Schuld geben kann man niemanden aber irgendwie hat man doch ein schlechtes gewissen.

Dann wiederum fragt man dich: "Was hast du mir angetan?" Doch das ist falsch!

Ich habe auch schon an aufgeben gedacht, doch was bringt mir das?
Was hat es dir gebracht?
Bist du zufrieden mit dem was du getan hast?
Sollte das mutig sein? Oder ist dir deine Traumwelt zu groß geworden?
Warum hast du mir nicht etwas gesagt?
Hast du es dir nicht zu einfach gemacht?
Du weißt das ich dich verstanden habe!

Hattest du so viele Seelenschmerzen, das du die körperlichen Schmerzen übersehen hast?
Was verstärkte deinen Entschluss?

Weißt du noch als wir zusammen gesungen haben?
Das vermisse ich heute noch, Wo bist du?

Warum hast du mich allein gelassen?

Letztens war ich bei deinem Grab. Du weißt wie schwer es mir fällt?
Man darf dir ja eigentlich keinen Vorwurf machen, doch könnte ich dir einiges Vorwerfen was ich hier jetzt tue.

Hast du dich nicht immer selbst betrogen? Du hast immer sofort aufgeben.

Warum hast du mich allein gelassen?
Weißt du das nun das Leben für Heidi und Gerhard dadurch auch einen großen Schatten bekommen hat?

Und weißt du das Mama ihr Leben auch nicht mehr im Griff hat?

Weißt du das ich sehr gelitten habe und immer noch daran denken muss?

Du weißt was ich bei "Wish you were here" denke!

Warum hast du uns keine Chance gegeben dir zu helfen?

Was ist aus deinen Träumen geworden?

Und hier schreibe ich heute den Brief weiter:

Hallo du,

Ich mache dir heute keine Vorwürfe mehr, denn ich weiß das es aus deinem Freien Willen geschehen ist, weil du nicht mehr die Kraft hattest zu kämpfen. Aus meinem Versprechen an dir, nehme ich mir heute die Kampfkraft um zu überstehen und die weiteren Hindernisse zu überwinden.

Weißt du, ich sage auch nicht mehr: "Warum hast du mich allein gelassen?"Denn du hast mir ja nicht vertraut, ich dachte wir helfen uns. Aber ich war auch zu sehr mit mir selbst beschäftig.

Nein, ich mache dir keine Vorwürfe mehr, ich sage eher Verzeih mir. Verzeih mir das ich die Zeichen übersehen hab. Verzeih mir das ich dich allein gelassen habe! Verzeih mir das ich nicht da war als du mich am meisten brauchtest. Verzeih mir meine Schwächen nach deinem Tod, denn ich wollte doch stark sein!

Ich sollte loslassen, doch das kann ich nicht, weißt du?

Hallo du, was hältst du von meiner Stärke? Meinst du das ich es schaffe? Hilfst du mir dabei?

Ich werde dich nie vergessen, aber vergib mir wenn ich nicht mehr an dich denken möchte denn es ist nicht immer eine Hilfe wenn ich dieses Bild von dir vor Augen hab.

In Liebe deine Schwester die dich verstanden hat.

Wenn ich jetzt den Brief noch einmal schreiben müsste, ich glaube ich wüsste nicht was ich ihm schreiben sollte, außer das ich weder wütend noch gekränkt bin darüber das er gegangen ist. Das ich noch traurig bin, das er mir auf eine Art immer noch fehlt aber das ich ihm auch dankbar bin. Denn ich glaube das gerade sein Tod mich hat stark werden lassen. Obwohl mich das auch sehr traurig stimmt. Wie das kann, kann ich nicht erklären aber ich habe durch das an seinem Grab gegebene Versprechen viel Kraft erhalten und es funktioniert immer wieder.

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