Freitag, 30. Juli 2010
Sozialschmarotzer
Stundenlanges Pauken, und wofür?

Die Arbeitswelt hält wohl keinen Platz für mich frei. Wer stellt auch schon jemanden ein, der für eine 2 jährige schulische Ausbildung 4 Jahre braucht und zudem noch 41 entschuldigte Fehltage aufzuweisen hat? Vor allem, wenn das Abschlusszeugnis ein Klimmzug sein wird, zum Schutz vor einem Abgang?

Viele hier kennen mich schon länger, die wissen auch, dass ich so schreibe, wie ich bin. Dazu zählt auch, dass ich mir Gedanken über Gott und die Welt mache, aber vor allem um mich selbst.

So sehe ich nun, dass sich meine Ausbildung dem Ende neigt und ich wahrscheinlich, wenn überhaupt, den Abschluss nur mit einem Klimmzug schaffen werde. Gerade so, das es für einen Abschluss reicht und nicht ein Abgang sein wird.

Klar, sich bewerben ist nun aktuell, aber die Absagen flattern nur so ins Haus, dass man gar nicht mehr mag. Und doch schreibt man stilvoll weiter, im Vertrauen darauf, das irgendwer sich doch ans Herz greift und mir eine Chance gibt.

Denn anders werde ich auf dem hiesigen Arbeitsmarkt wohl keine Chancen haben.

Zum einen weist mein Zeugnis eindeutig meine Fehlzeiten aus, die aufgrund meiner Krankheit nicht ausbleiben. Des weiteren sind die Noten nicht gerade für mich sprechend. Da kann ich jeden Arbeitgeber gut verstehen. Doch mich deswegen in die Schublade der "Sozial-Schmarotzer" zu stecken finde ich doch ein wenig zu hart.

Gebe ich mir doch die allergrößte Mühe, noch was aus meinem Leben zu machen!

So bewerbe ich mich fleißig weiter und bekomme von meinem Politiklehrer zu hören, dass ich mich noch mehr anstrengen sollte, da ich ja nicht die Beste in der Klasse sei. Der hat gut reden, würde er auch so denken, wenn er das durchmachen müsste, was ich durchmachte?

Aber darüber will er gar nicht nachdenken. Für ihn gehören alle Menschen, die keine Arbeit haben, in die unterste Schublade eines Schrankes der Menschheit. Menschen, die keine Arbeit haben, so sagt er, wollen auch gar keine, denn sonst hätten sie welche!

Große Worte, die dieser Mann spricht.

Gut, ich könnte, wenn ich wollte, jeden Job der mir angeboten wird, annehmen, aber wäre der Arbeitgeber dann glücklich mit mir als Angestellte? Bestimmt nicht, denn was bringt es, ihm, wenn ich die Hälfte der Zeit krankgeschrieben bin, weil ich wieder zu schwer heben musste oder aber die Füße wieder ihren Geist aufgaben (ich bin aber auch kaputt, ist das normal?).

Manchmal komme ich mir vor wie eine alte Oma, mit all ihren Wehwehchen ist sie ja noch harmlos im Vergleich zu mir. Ist mir doch erst vor kurzem wieder aufgrund der geschädigten Bänder an beiden Beinen das Fahrradfahren vom Arzt verboten worden.

Ausreden?

Ich habe mich schon als Praktikum im Einzelhandel gütig getan und Waren stundenlang eingeräumt. Zum einen hielt ich dem strammen Tagesablauf nicht stand (psychisch bedingt) und zum anderen hatte ich Schmerzen, biss aber die Zähne zusammen, es könnte ja sein, dass ich übernommen werde.

Nach 6 Monaten haben sie es sich doch überlegt und jemanden anderen genommen. Dabei war ich pünktlich, schnell und ordentlich, wurde mir immer wieder versichert. Woran lag es dann, fragte ich?

Den genauen Wortlaut kann ich so nicht wiedergeben, da ich mir ja nicht jedes Worte merken kann, aber vom Sinn her gab es diese Antwort:

"In dem Fall das Sie einen Fehler machen, müssten wir Sie zur Rechenschaft ziehen, dabei könnten Sie aber in Tränen ausbrechen und für dies wiederum könnten wir nicht die Verantwortung übernehmen."

Hallo? Wo bin ich denn hier?

Aber anders:

Meine Schwester ist auch am bewerben. Sie hat nicht alles so mitbekommen und ist daher einigermaßen stabil, ihr einziger Fehler: Sie will zu hoch hinaus.

Mit ihrem Zeugnis hätte ich die jetzigen Sorgen nicht so. Denn damit könnte ich mich gut bewerben und hätte in den Jobs, die so auf dem Markt sind, kleine aber halt Chancen. Doch sie will unbedingt einen Arbeitsplatz in dem ganz bestimmten Bereich, der natürlich überlaufen ist. Ja, da muss sie halt einige Absagen in Kauf nehmen.

Ist sie doch davon ausgegangen, dass sie eine Bewerbung schreibt und gleich genommen wird.

Dass es nicht so funktioniert hätte ich ihr gleich sagen können. Sind 200 Bewerbungen mit 5 Vorstellungsgesprächen und 200 Absagen in 6 Monaten nicht genug Beispiel dafür?

Warum ich dies nun schreibe?

Ich möchte nur das Klischee des "Sozial-Schmarotzers" wie der Politiklehrer mich zu nennen versuchte von mir abwenden. Denn für so was halte ich mich nicht.

Oder bin ich das doch? Manchmal fühle ich mich angesprochen und beiße noch fester die Zähne aufeinander, dass es schon schmerzt.

Eure Nica

Oft genug legt man sich selbst auch Steine in den Weg, die wieder weg zu räumen braucht seine Zeit. Zeit ist ein kostbares Gut in dieser Welt. Heute versuche ich sie besser zu nutzen. Es gelingt leider noch nicht immer.

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