Freitag, 30. Juli 2010
Wieder Oktober
sdodip, 11:12h
Ein Monat, der mich wieder einmal an die Vergangenheit erinnert.
Sie dachte, sie würde es schaffen, ganz gleich wie. Sie dachte, sie würde nicht mehr in die Tiefe der Traurigkeit eintauchen und sich über den Monat hinweghelfen, doch ein Telefonat machte diese Aussicht zunichte.
Ein Sonntag Nachmittag. Ganz gleich, wo und wie und wann. Das Telefon in seiner berüchtigten Ecke klingelt vor sich hin. Den Hörer abnehmend und ein Hallo hineinsagend beginnt sie mit ihrer so geliebten Mutter zu sprechen.
"Hallo, wie geht es dir? Was machst du so? Wie ist das Wetter bei euch?"
Fragen, die dem Standard entsprechen, folgen aufeinander. Antworten genauso kurz gebend spricht sie in die Sprechmuschel hinein. So ist es üblich.
Dann spricht die Mutter einen entscheidenden Satz, ein Satz, der sie aus ihrer Bahn wirft. Tränen kullern ihre Wange hinunter.
"Wusstest du, daß es 10 Jahre her ist?"
Ja, 10 Jahre und doch hofft ein Teil von ihr immer noch, daß es nicht wahr ist, das alles ein böser Traum war. Ein Traum aber, der nicht enden will. Tief in ihr ist immer noch ein bisschen Hoffnung, die Stimme einmal wieder zu hören. Ihm Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen.
Als wäre es erst gestern spürt sie immer noch, wie die Nachricht vom Tode sie aufwühlte. Wie sie sich äußerlich stark machte um ihrer Mutter eine Stütze zu sein, wie sie ihre Tränen zurückhielt um keine Schwäche zu zeigen. Wie sich die tiefe Trauer um ihr Herz schloss.
Ja, 10 Jahre und die Wunden sind immer noch sehr tief.
Jede kleinste Einzelheit ist ihr so nahe, der starke Schmerz, der sie zu erdrücken schien.
Worte, die von nicht trauernden kamen wie: vergesse es einfach. Kommen ihr in den Sinn.
Vergessen? Wie sollte Sie das vergessen? Verdrängen ist auch nicht das Wahre, das hat sie über Jahre hinweg versucht und sich damit nur selbst geschadet.
Nein, einfach die Trauer rauslassen, die Tränen kommen lassen. Das ist es was sie tun sollte. Aber es ist gar nicht so einfach, das zuzulassen. Wenn die anderen, so denkt sie, es sehen könnten.
Ein weiterer Satz lässt diese Gedanken abreißen
"Wollen wir daraus nicht ein Familientreffen machen? Ich, Du und Deine beiden Geschwister?"
Zu dem Anlass? Wo ich mich dabei sowieso schon so unwohl fühle? Nein, das kann ich noch nicht, irgendwann vielleicht aber nun noch nicht.
Es ist es ein bedrückender Grund. Sie erinnert sich an die Beerdigung, wo auch alle zusammen gekommen waren. Wie es Streit gab, weil sie nicht mit wollte. Sie wollte nicht auf die Beerdigung gehen. Nicht, solange der Sarg noch offen war. Aber sie musste. Ihre Mutter ließ ihr keine Wahl.
Wichtig war, was die Dorfbewohner von ihr denken würden.
Ihre Erinnerung geht weiter, die Blumen, die neben dem Sarg standen, und in der Mitte der Halle eingebettet in einem mit weichem fließenden Stoff gefüllten Sarg lag er, ihr Bruder.
Niemals würde sie es vergessen. Nie! Dieser Anblick verfolgt sie seit dem Anruf wieder, Nacht für Nacht! Ja, es ist schwer. Irgendwie wird sie auch dies wieder schaffen. So wie sie schon alles andere hinter sich gebracht hat.
Und schließlich ist sie heute nicht mehr alleine. Ein Mann an ihrer Seite versucht ihr zu helfen und scheint sie zu unterstützen. Auch der Hundi merkt, daß es schwer für sie ist und gibt ihr seine Liebe. Und in dem Glauben, das richtige mit einer Absage getan zu haben ist das Telefonat beendet.
Den ganzen Abend brach sie noch zwischendurch in Tränen aus, auch das hörte am nächsten Tag schon wieder auf. Ihr Blick ist noch traurig, aber das vergeht auch wieder. Denn die Zeit kann ein wenig Wunden heilen und so werden diese auch kleiner.
Der Schmerz, der sie damals erdrückte, ist nicht mehr so riesig wie zuvor. Er ist da, und das wird er bestimmt immer sein, er ist aushaltbar.
In Erinnerungen schwelgend
im Oktober,
10 Jahre nach dem Tod ihres Bruders.
Eure Nica
Ich sollte es nicht, aber ich bin auch weiterhin in trüber Stimmung. Verstehen kann ich es selbst kaum.
Wenn ich mich an den Oktober 2008 erinnere, war ich auch in trüber Stimmung, nicht nur wegen meines Bruders. Und auch wenn in dem Jahr gleich mehrere schwere Punkte aufeinander trafen hatte ich den Oktober besser überstanden als jemals zuvor seit dem Suizid von Christian.
Sie dachte, sie würde es schaffen, ganz gleich wie. Sie dachte, sie würde nicht mehr in die Tiefe der Traurigkeit eintauchen und sich über den Monat hinweghelfen, doch ein Telefonat machte diese Aussicht zunichte.
Ein Sonntag Nachmittag. Ganz gleich, wo und wie und wann. Das Telefon in seiner berüchtigten Ecke klingelt vor sich hin. Den Hörer abnehmend und ein Hallo hineinsagend beginnt sie mit ihrer so geliebten Mutter zu sprechen.
"Hallo, wie geht es dir? Was machst du so? Wie ist das Wetter bei euch?"
Fragen, die dem Standard entsprechen, folgen aufeinander. Antworten genauso kurz gebend spricht sie in die Sprechmuschel hinein. So ist es üblich.
Dann spricht die Mutter einen entscheidenden Satz, ein Satz, der sie aus ihrer Bahn wirft. Tränen kullern ihre Wange hinunter.
"Wusstest du, daß es 10 Jahre her ist?"
Ja, 10 Jahre und doch hofft ein Teil von ihr immer noch, daß es nicht wahr ist, das alles ein böser Traum war. Ein Traum aber, der nicht enden will. Tief in ihr ist immer noch ein bisschen Hoffnung, die Stimme einmal wieder zu hören. Ihm Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen.
Als wäre es erst gestern spürt sie immer noch, wie die Nachricht vom Tode sie aufwühlte. Wie sie sich äußerlich stark machte um ihrer Mutter eine Stütze zu sein, wie sie ihre Tränen zurückhielt um keine Schwäche zu zeigen. Wie sich die tiefe Trauer um ihr Herz schloss.
Ja, 10 Jahre und die Wunden sind immer noch sehr tief.
Jede kleinste Einzelheit ist ihr so nahe, der starke Schmerz, der sie zu erdrücken schien.
Worte, die von nicht trauernden kamen wie: vergesse es einfach. Kommen ihr in den Sinn.
Vergessen? Wie sollte Sie das vergessen? Verdrängen ist auch nicht das Wahre, das hat sie über Jahre hinweg versucht und sich damit nur selbst geschadet.
Nein, einfach die Trauer rauslassen, die Tränen kommen lassen. Das ist es was sie tun sollte. Aber es ist gar nicht so einfach, das zuzulassen. Wenn die anderen, so denkt sie, es sehen könnten.
Ein weiterer Satz lässt diese Gedanken abreißen
"Wollen wir daraus nicht ein Familientreffen machen? Ich, Du und Deine beiden Geschwister?"
Zu dem Anlass? Wo ich mich dabei sowieso schon so unwohl fühle? Nein, das kann ich noch nicht, irgendwann vielleicht aber nun noch nicht.
Es ist es ein bedrückender Grund. Sie erinnert sich an die Beerdigung, wo auch alle zusammen gekommen waren. Wie es Streit gab, weil sie nicht mit wollte. Sie wollte nicht auf die Beerdigung gehen. Nicht, solange der Sarg noch offen war. Aber sie musste. Ihre Mutter ließ ihr keine Wahl.
Wichtig war, was die Dorfbewohner von ihr denken würden.
Ihre Erinnerung geht weiter, die Blumen, die neben dem Sarg standen, und in der Mitte der Halle eingebettet in einem mit weichem fließenden Stoff gefüllten Sarg lag er, ihr Bruder.
Niemals würde sie es vergessen. Nie! Dieser Anblick verfolgt sie seit dem Anruf wieder, Nacht für Nacht! Ja, es ist schwer. Irgendwie wird sie auch dies wieder schaffen. So wie sie schon alles andere hinter sich gebracht hat.
Und schließlich ist sie heute nicht mehr alleine. Ein Mann an ihrer Seite versucht ihr zu helfen und scheint sie zu unterstützen. Auch der Hundi merkt, daß es schwer für sie ist und gibt ihr seine Liebe. Und in dem Glauben, das richtige mit einer Absage getan zu haben ist das Telefonat beendet.
Den ganzen Abend brach sie noch zwischendurch in Tränen aus, auch das hörte am nächsten Tag schon wieder auf. Ihr Blick ist noch traurig, aber das vergeht auch wieder. Denn die Zeit kann ein wenig Wunden heilen und so werden diese auch kleiner.
Der Schmerz, der sie damals erdrückte, ist nicht mehr so riesig wie zuvor. Er ist da, und das wird er bestimmt immer sein, er ist aushaltbar.
In Erinnerungen schwelgend
im Oktober,
10 Jahre nach dem Tod ihres Bruders.
Eure Nica
Ich sollte es nicht, aber ich bin auch weiterhin in trüber Stimmung. Verstehen kann ich es selbst kaum.
Wenn ich mich an den Oktober 2008 erinnere, war ich auch in trüber Stimmung, nicht nur wegen meines Bruders. Und auch wenn in dem Jahr gleich mehrere schwere Punkte aufeinander trafen hatte ich den Oktober besser überstanden als jemals zuvor seit dem Suizid von Christian.
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